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Das Wessobrunner Gebet

Wann das Wessobrunner Gebet entstanden ist, lässt sich nicht genau feststellen. Die Handschrift wurde 814 fertig gestellt. Die Zeit um 800 wird als Datum der Entstehung festgehalten. Wer das Gedicht geschrieben hat und wo es entstanden ist, ist unbekannt.
Über den Ort der Entstehung hat mal viel gerätselt. Viele Wissenschaftler sind der Meinung, das  dieses Gedicht gar nicht in Wessobrunn entsehen hätte können. Sie würden es lieber Regensburg oder gar Fulda zusprechen. Wessobrunn war aber bis zu seiner gewaltsamen Schließung im Jahre 1803 durch die Säkularisation ein bedeutendes Kloster.
Was jedoch gegen Wessobrunn spricht, ist die völlige Zerstörung des Klosters im 10. Jahrhundert (vor 955) durch die Ungarn. Die Handschrift wäre damals sicherlich ein Opfer der Zerstörung geworden.
Ein weiteres Argument gegen Wessobrunn ist die schriftkundliche Untersuchung durch Bernhard Bischoff. 
Die Handschrift ist wohl eher einem Kloster der Diözese Augsburg zuzuschreiben. Sehr wahrscheinlich ist das Gebet im Staffelseekloster St. Michael entstanden. Allerdings kann das auch nicht mit letzter Gewissheit gesagt werden.
Den Namen erhielt es, weil es über viele Jahrhunderte in dem Kloster aufbewahrt wurde. 
Der Historiker und Politiker Johann Nepomuk Sepp (1816-1909) hat das Gebet in einen Findling schlagen lassen. Dieser kann heute noch gegenüber der Gasthaus zur Post besichtigt werden.
Althochdeutscher Text:
Dat gafregin ih mit firahim firiuuizzo meista,
dat ero ni uuas noh ûfhimil,
noh paum ... noh pereg ni uuas, ni ... nohheinîig
noh sunna ni scein,
no mâno ni liuhta,
noh der mâreo sêo.
Dô dâr niuuiht ni uuas enteo ni uuenteo,
enti dô uuas der eino almahtîco cot, manno miltisto,
enti dâr uuârun auh manake mit inan cootlîhhe geistâ.
enti cot heilac ...
Cot almahtico,
du himil enti erda gaworachtos,
enti du mannun so manac coot
forgapi,
forgip mir in dino ganada
rehta galaupa
enti cotan willeon,
wistom enti spachida enti craft,
tiuflun za widarstantanne,
enti arc za piwisanne
enti dinan willeon za gauurchanne.
Das erfuhr ich unter den Menschen als der Wunder größtes,
dass Erde nicht war, noch oben der Himmel,
nicht Baum ..., noch Berg nicht war,
noch ... irgend etwas,
noch die Sonne nicht schien,
noch der Mond nicht leuchtete,
noch das herrliche Meer.
Als da nicht war an Enden und Wenden,
da war der eine allmächtige Gott, der Wesen gnädigstes,
und da waren mit ihm auch viele herrliche Geister.
Und Gott der heilige ...
Gott allmächtiger, der du Himmel und Erde wirktest
und der du den Menschen so mannigfach
Gutes gegeben,
gib mir in deiner Gnade
rechten Glauben
und guten Willen,
Weisheit und Klugheit und Kraft,
den Teufeln zu widerstehen,
und das Böse (Arge) zurückzuweisen
und deinen Willen zu tun (wirken).

Ursprung im Jahr 814 - Versform im Stabreim - Wessobrunn in Bayern.

Übersetzung teilweise aus: Egon Kühebacher - Wessobrunner Gebet - ein Hymnus